I. Sachentscheidung:
I.1 Der Ratsbeschluss vom 24.06.2020 zur geänderten Vorlage V/0352/2020 für den Errichtungsbeschluss wird aufgehoben.
I.2 Die Stadt Münster errichtet im nördlichen Teil des Neubaugebietes Albachten-Ost den Neubau eines Feuerwehrhauses (Fläche: rund 3.500 m²).
I.3 Die Verwaltung wird beauftragt, auf Grundlage dieses Errichtungsbeschlusses eine detaillierte Bauplanung (unter Berücksichtigung der DIN 14092 und DGUV-I 205-008), eine Kostenermittlung sowie einen Bauzeitenplan zu entwickeln und im Rahmen des Baubeschlusses vorzulegen. Dem standardisierten Raumprogramm für Feuerwehrhäuser wird zugestimmt
I.4 Nach der Inbetriebnahme des neuen Feuerwehrhauses wird das Grundstück des alten Feuerwehrhauses in das Vermögen des Amtes für Immobilienmanagement zur Verwertung überführt.
II. Finanzielle Auswirkungen:
Die Neubaumaßnahme des Feuerwehrhauses Albachten ist im Haushaltsplanentwurf 2022 wie folgt veranschlagt:
Produktgruppe 0209, Brandschutz und feuerwehrtechnische Hilfeleistung Investitionsmaßnahme 4385 Bauk. Neubau Feuerwehrhaus Albachten, 3.700.000 EUR in den Jahren 2022 bis 2025
Begründung:
a.) Ist-Situation des Löschzuges:
Die Feuerwehr Münster unterhält im Stadtteil Albachten einen von 20 Löschzügen der Freiwilligen Feuerwehr Münster. Der Löschzug ist zuständig für einen Teil des Stadtgebietes mit folgenden Einsatzschwerpunkten:
2.650 Wohnhaushalte zu hohem Anteil als Ein- bzw. Zweipersonenhaushalte
6.500 Wohnberechtigte mit 1/5 über dem 60ten Lebensjahr
Wohn- und Geschäftsbebauung (Gebäudeklassen 1 bis 5 sowie Sonderbauten)
Große landwirtschaftliche Betriebe
Große Gewerbebetriebe und -lager
Teilabschnitt der Bahnstrecke Münster – Bösensell
Teilabschnitte der Bundesautobahnen A1 und A 43
Für die Aufgabenwahrnehmung in den Schwerpunkten Brandschutz, Technische Hilfeleistung und Katastrophenschutz verfügt der Löschzug Albachten aktuell über zwei Einsatzfahrzeuge (ein Hilfeleistungslöschfahrzeug und ein Löschfahrzeug für den Katastrophenschutz). Für die Zukunft ist die zusätzliche Stationierung einer Drehleiter und eines Sonderfahrzeuges geplant.
Die personelle Stärke des Löschzuges von z. Z. insgesamt 57 Mitgliedern untergliedert sich in 42 aktive Einsatzkräfte der Einsatzabteilung, 14 Mitglieder der Ehrenabteilung und 1 Jugendlicher der Jugendfeuerwehr.
Der Löschzug Albachten ist derzeit weder bedarfsgerecht noch entsprechend den geltenden Arbeits-, Unfall- und Hygieneschutzvorschriften untergebracht. Das aktuell genutzte Feuerwehrhaus wurde 1948 errichtet und 1991 um einen Fahrzeugeinstellplatz erweitert.
Sämtliche Installationen sind aufgrund ihrer Überalterung abgängig. Verbindliche Normen bezüglich der Raumgrößen und der technischen Ausstattung existierten seinerzeit nicht. Die Schulungs-, Unterkunfts- und Sanitärbereiche wurden in der damaligen Planung für 20 männliche Einsatzkräfte ausgelegt. Eine Mitgliedschaft von Frauen im Löschzug fand dabei keine Berücksichtigung. Alle vorhandenen baulichen, technischen und organisatorischen Gegebenheiten werden den heutigen Grundanforderungen an die erforderliche Personalstärke von 50 weiblichen und männlichen aktiven Einsatzkräften des Löschzuges mit den Aufgabenschwerpunkten Brandschutz, technische Hilfeleistung und Katastrophenschutz nicht mehr gerecht.
Es fehlen Duschen, Sanitäranlagen und separate Umkleidebereiche für Damen, ein Löschzugführerbüro sowie ein Raum für die Jugendfeuerwehr. Die Umkleidebereiche sind aktuell in der Fahrzeughalle untergebracht, sodass eine Kontaminationsverschleppung von Schadstoffen durch eine fehlende sogenannte „schwarz/weiß-Trennung“ nicht verhindert werden kann und sich weibliche und männliche Einsatzkräfte sowie die Jugendlichen der Jugendfeuerwehr im unmittelbaren Bewegungsbereich der Großfahrzeuge gemeinsam umziehen müssen.
Gemäß Brandschutzbedarfsplanung aus 2015 der Stadt Münster ist es erforderlich, aufgrund städtebaulicher Gegebenheiten beim Löschzug Albachten eine Drehleiter zu stationieren. Dieses kann aktuell aufgrund der nicht verfügbaren Raumressourcen nicht erfolgen.
Der mangelhafte Zustand des Gebäudes wurde im Jahr 2019 zudem durch eine
Sicherheitsinspektion der Unfallkasse NRW dokumentiert. In ihrer Funktion als zuständige Aufsichtsbehörde drängt die Unfallkasse unverzüglich tätig zu werden, da eine normkonforme Mängelbeseitigung am bestehenden Standort nicht möglich ist.
b.) Standortauswahl:
Eine strategisch günstige Positionierung des Feuerwehrhauses ist für den aktuell wachsenden und sich städtebaulich verändernden Stadtteil von zentraler Bedeutung, da aufgrund der räumlichen Lage der Standorte der Berufsfeuerwehr zum Stadtteil Albachten die Einhaltung der Hilfsfristen ausschließlich durch die Erstintervention des Löschzuges Albachten sicherzustellen ist.
Im Zuge der Standortauswahl konnten in der Schlussbewertung vier Grundstücksoptionen identifiziert werden:
-die Bestandfläche des aktuellen Standortes,
-ein unbebautes Grundstück an der Straße Wierling,
-das Gelände des ehemaligen Friedhofs an der Dülmener Straße sowie
-ein städtisches Grundstück im geplanten Neubaugebiet Albachten-Ost.
Die Bewertung der unterschiedlichen Grundstücke erfolgte unter objektivierbaren Bewertungsmaßstäben, die sich im Wesentlichen aus einsatztaktischen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Gesichtspunkten zusammensetzen.
Als weitere Aspekte sind in die Standortbewertung eingeflossen:
– die Förderung der ehrenamtlichen Strukturen der Feuerwehr Münster durch einen gut erkennbaren Standort
– die Einrichtung des Feuerwehrhauses als für die Bevölkerung verfügbare Not-
rufmeldestelle, z. B. bei flächigen Stromausfällen oder Unwetterlagen
Die Standorte des Bestands-Feuerwehrhauses sowie an der Straße Wierling scheiden aufgrund erheblicher Nachteile aus.
Die verbleibenden Standorte „Albachten-Ost“ und „Alter Friedhof“ sind aufgrund ihrer Lage geeignet, die festgelegten Schutzziele nach Brandschutzbedarfsplan zu erreichen.
Der Standort „Alter Friedhof“, Dülmener Straße, wurde aufgrund des Ratsbeschlusses zum Bau des Feuerwehrhauses auf dieser Fläche einer sorgfältigen Detailprüfung unterzogen.
Die Planung berücksichtigt die Vorgaben der kath. Kirche bei Verkauf des Grundstückes an die Stadt. Die Vorgaben beinhalten eine Bebauungsmöglichkeit in östlicher Richtung maximal drei Meter heran an den bestehenden Weg zu den Priestergräbern sowie den Erhalt des bestehenden Weges.
Das Amt für Immobilienmanagement hat mehrere Planungsentwürfe erstellt. Hierbei zeigte sich, dass auch nach mehrfachen Varianten- und Optimierungsentwürfen grundlegende Anforderungen an den Arbeitsschutz und die Verkehrssicherheit aufgrund der begrenzten Grundstücksfläche nicht zu realisieren sind.
Als Ergebnis der Entwurfsprüfung stellt die Unfallkasse NRW fest, dass grundlegende DGUV-Regeln und DIN-Vorgaben zum Arbeitsschutz und zur Verkehrssicherheit nicht erfüllt sind.
Die verwaltungsinterne Prüfung durch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestätigt die o. g. abzustellenden Punkte. Auf die zwingende Notwendigkeit, den Stand der Technik bereits in der Planung vollumfänglich zu beachten, wurde zudem verwiesen.
Auch ein nochmaliger Versuch einer weitergehenden Optimierung mit dem Ergebnis eines veränderten Baukörpers, unter anderem mit veränderten Wegebeziehungen, konnte die wesentlichen durch die Unfallkasse genannten Defizite aufgrund der grundstücksbedingt beengten Verhältnisse nicht ausräumen.
Auch diese Planung ist nochmals durch die Unfallkasse und die Fachkraft für Arbeitssicherheit geprüft und bewertet worden.
Die nachstehenden wesentlichen Mängelpunkte bleiben am Standort „Alter Friedhof“ nach Prüfung durch die Unfallkasse NRW unverändert bestehen:
1. Die Fläche des Grundstücks wird durch die Unfallkasse „für die Errichtung eines modernen und vor allem auch sicheren Feuerwehrhauses noch immer als zu klein und somit ungeeignet bemessen“ angesehen. Es „erscheint das Grundstück als ungeeignet für die Errichtung eines modernen Feuerwehrhauses, bzw. zur Abbildung der seit vielen Jahrzehnten bewährten DIN 14092 Feuerwehrhäuser – Teil 1: Planungsgrundlagen.“
2. Die Realisierung eines Feuerwehrhauses an diesem wäre nur möglich unter Missachtung mehrerer gravierender Sicherheitsabstände. Hierzu weist die Unfallkasse auf folgende Mindestanforderung hin: „Ein gefahrloses Ein- und Ausfahren auf dem beengten Grundstück und aufgrund der Form des geplanten Baukörpers muss grundsätzlich gewährleistet sein (vgl. § 12 UVV Feuerwehren, ArbStättV, DIN 14092). Die Fahrer müssen mit den Großfahrzeugen gefahrlos auf dem Vorplatz rangieren können. Dabei dürfen keinesfalls […] Personen gefährdet werden“. Am vorliegenden Standort können diese Sicherheitsanforderungen an mehreren Stellen nicht eingehalten werden:
a. Eine der Hallenausfahrten führt direkt in geringem Abstand entlang einer Gebäudewand des Baukörpers. Es besteht eine Gefahr für die Einsatzkräfte. „Die Fahrer müssen mit den Großfahrzeugen gefahrlos auf dem Vorplatz rangieren können. Dabei dürfen keinesfalls [..] Personen gefährdet werden (z.B. Einquetschen von Feuerwehrangehörigen zwischen Gebäudeteilen und Fahrzeugen).“
b. Die grundlegende Größe der Verkehrsfläche von den Hallentoren (Aufstell- Fahr- und Rangierflächen für LKW) wird nicht eingehalten. Gemäß DIN 14092 und DGUV 8205-008 wird eine Länge dieser Verkehrsfläche von mindestens 16,5 m gefordert, bestehend aus der
Stellplatztiefe von 12,5 m (Stellplatzgröße 3) zuzüglich Fahrsteifen von mindestens 4 m Breite aufgrund der nicht geradlinigen Ausfahrt (ggf. noch Erweiterungen durch Schleppkurven). Am Standort kann nur eine Länge der Verkehrsfläche von 15 m realisiert werden.
c. „Die Sichtachse auf die Dülmener Str. ist für die späteren Fahrer der Großfahrzeuge der Feuerwehr durch den Gebäudekomplex insbesondere für den Stellplatz Nr. 4 sehr eingeschränkt. Da Verkehrsunfälle mit Feuerwehrfahrzeugen häufig sehr schwere Verletzungen für unsere Versicherten nach sich ziehen, wird besonders auf dieses Problem der Verkehrssicherheit ausdrücklich aufmerksam gemacht. Selbstverständlich sollte auch der Schutz Dritter bei der Vorbeifahrt (Rad, Fahrzeuge) unmittelbar an der Alarmausfahrt des Feuerwehrhauses in geeigneter Weise Rechnung getragen werden („Verkehrssicherheit“)“.
3. Ein ausreichend bemessener Übungshof (mind. 250 qm) ist am Standort außerhalb der Alarmwege nicht realisierbar. In der Norm ist folgende Formulierung enthalten: „Bei Feuerwehrhäusern ab vier Stellplätzen sollte nach Möglichkeit eine Übungsfläche von 250 qm für eine Ausbildungsgruppe vorgesehen werden.“ Nach der Unfallverhütungsvorschrift ist „eine Gefährdung insbesondere durch im Einsatzfall bewegte Fahrzeuge“ zu vermeiden. Aus dem Bericht der Unfallkasse folgt: „Der Übungsbereich sollte nicht auf dem Verkehrsweg der im Alarmfall ausrückenden Feuerwehrfahrzeuge liegen. (siehe hierzu auch Ziffer 1.5 DGUV Information 205-008 Sicherheit im Feuerwehrhaus – Sicherheitsgerechtes Planen, Gestalten und Betreiben). Die Feuerwehr muss mit der Kraftfahrdrehleiter auf dem Gelände des Feuerwehrhauses auch rangieren und üben können (auch bei der Rückwärtsfahrt, bei der Rückkehr zum Grundstück). Dabei hat auch der Leiterpark, bzw. dessen Länge eine hohe Bedeutung.“
Hinweis: Am Standort Albachten ist gemäß gesetzlicher Vorgaben und laufender Brandschutzbedarfsplanung eine Kraftfahrdrehleiter erforderlich.
4. Weiterhin gibt es grundstücksbedingte Defizite in der Umsetzung des Raumprogrammes. Exemplarisch weist die Unfallkasse auf den zu kleinen Lagerraum im Erdgeschoss hin. Laufwege sind nicht optimal umsetzbar (z.B. Alarm-Flur mit Verwinkelung).
5. Die Parkplatzgröße wird seitens der Unfallkasse als nicht ausreichend eingeschätzt: „Die Anzahl soll mindestens der Anzahl der Funktionsplätze [hier: 20] auf den Einsatzfahrzeugen entsprechen“. „Neubauplanungen, bei denen bereits in der Planungsphase PKW von Einsatzkräften an oder auf der öffentlichen Straße parken müssen, werden aus Sicht der Unfallkasse NRW als unzulässig angesehen. Die Bauplanungen sind insofern zu ändern. Für den Fall, dass es aufgrund einer Fehlplanung (Parkplätze) zu einem Verkehrsunfall kommt, werden routinemäßig Regressprüfungen durchgeführt.“
Der Bau eines Feuerwehrhauses auf dem Grundstück „Alter Friedhof“ wird somit durch die für den Arbeitsschutz zuständigen Gremien nicht mitgetragen.
Als Fazit muss festgestellt werden, dass die ungünstige Grundstücksfläche eine norm- und richtlinientreue Umsetzung des Bauvorhabens an dieser Stelle nicht zulässt und die Sicherheit der ehrenamtlichen Einsatzkräfte gefährden würde. Ergänzend zu den genannten Aspekten des Arbeitsschutzes sei hingewiesen auf die Baukosten.
Da der zuletzt vorliegende Entwurf zum Standort „Alter Friedhof“ eine Neuplanung beinhaltete und nicht auf den bestehenden optimierten Standard-Baukörpern wie an den Standorten Kinderhaus oder Handorf basierte, wurden auch die Baukosten neu berechnet. Die Baukosten werden aktuell für den Standort „Alter Friedhof“ von der Verwaltung in Höhe von 5,2 Mio Euro veranschlagt. Gegenüber dem Haushaltsplanentwurf ist die Finanzierung somit nicht auskömmlich.
Weiterhin ist am Standort „Alter Friedhof“ ein bereits angekündigtes Klageverfahren seitens der Nachbarschaft zu erwarten.
Zusammenfassung:
Nach intensiver Prüfung des Standortes „Alter Friedhof“ und erneuter Abwägung der Bewertungskriterien wird durch die Verwaltung die Errichtung des neuen Feuerwehrhauses im nördlichen Bereich des Neubaugebietes Albachten-Ost vorgeschlagen. Das städtische Grundstück ist mit ca. 3.500 qm ausreichend groß, günstig zugeschnitten und bauplanungsrechtlich für die Errichtung eines Feuerwehrhauses gesichert. Eine schnelle Realisierung eines dem Stand der Technik entsprechenden Feuerwehrhauses in der Gefahrenabwehrstruktur der Stadt Münster wäre somit gewährleistet. Zur Sicherstellung der vorgegebenen Hilfsfristen bei Brand- und Hilfeleistungseinsätzen, die zwischen der Alarmierung des Löschzuges und seinem Eintreffen an der Einsatzstelle einzuhalten sind, ist ein unmittelbarer Anschluss des Grundstücks an die Weseler Straße und damit dem Hauptverkehrsnetz vorgesehen.
Zudem ist durch die Bebauungsplanung für das Neubaugebiet Albachten-Ost eine spätere verkehrstechnische Anbindung des Feuerwehrhauses an die Straßen Hohe Geist und Sendener Stiege vorgesehen. Somit ist von einer weiteren Verbesserung der Erreichbarkeit auszugehen.
I.V.
gez. Wolfgang Heuer
Stadtrat
